Max Ebbinghaus berichtet (März 2001)

… aus Valleyfield, Québec
3. März 2001

Hallo zusammen!

Ich sehe gerade, dass ich das letzte Mal am 9. Februar geschrieben habe. Da moechte ich mich dann mal entschuldigen, mich so lange nicht gemeldet zu haben und schon mal vorweg auf die haeufigen Anfragen antworten: Nein, es ist mir nichts passiert! Ich hatte am Anfang einfach nichts zu berichten und in den letzten zwei Wochen kam ich ueberhaupt nicht dazu, mal was zu schreiben. Heute ist aber der erste Tag meiner Ferien, die allerdings nur eine Woche lang sind, und so kann ich mir alle Zeit der Welt nehmen. Einzige Voraussetzung: Ich muss vor dem Start der Formel 1 fertig sein, aber das ist erst in 10,5 Stunden.

So denn, was kann ich denn erzaehlen? Der Februar ging so ohne Besondere Ereignisse rum. Ich muss halt immer noch zur Schule und es laeuft so alles vor sich hin. Schwieriger ist es nicht geworden, einfacher aber auch nicht. Interessant war ausnahmsweise mal unser Englischunterricht, in dem wir gerade debattieren. Und eine der Klassendebatten war dann auch ueber das allgegenwaertige Thema in Québec: Soll Québec separieren oder nicht?

Es war nur eine Haelfte der Klasse als Teilnehmer der Diksussion vorgesehen und der Rest musste einen Bericht schreiben, aber als meine Englischlehrerin sah, dass von den 15 Diskussionteilnehmern nur drei gegen eine Separation waren, hat sie mich dann gefragt, ob ich nicht die Federalistenseite verstaerken moechte. Da habe ich natuerlich nicht nein gesagt und ich muss wirklich sagen, dass es eine interessante Diskussion war. Allerdings ist es erschreckend wie viele Leute doch ohne jegliche Argumente fuer eine Separation sind.

Naja, nach der Stunde kam einer der Schueler an und sagte, dass er eigentlich fuer die Separation war, aber unsere Argumente haetten ihn jetzt vom Gegenteil ueberzeugt. Wenigstens einer, der sich belehren liess. Sonst weicht man dem Thema auch immer aus, zumal mir von einigen ganz radikalen Vertretern der Separatistenidee mir auch das Recht genommen wird, darueber zu urteilen. Wenn sie meinen...

Genug Politik! Mein Geburtstag stand ja auch noch an. Ich moechte ganz herzlich fuer all die Glueckwuensche, die ich bekommen habe, ganz herzlich bedanken, auch wenn eine grosser Teil schon am 28.2. hier ankam und so was bringt ja Unglueck! Aber ich bin nicht nachtragend und habe mich sehr ueber all die Karten und Grussworte gefreut. Am Morgen meines Geburtstags kam ich gerade aus der Dusche, als auch schon der erste Anruf da war. Es sollten dann noch zwei weitere folgen und es war wirklich cool.

In der Schule mussten meine Freunde dann natuerlich unbedingt auch meinen Geburtstag ueber das Schulradio ansagen, wodurch mir von allen Seiten ein »Bonne fête!« (hier sagt man fast nie »anniversaire«!) entgegen geworfen wurde. Als ich nach der Schule nach Hause kam, hat dann auch noch Claudia bei uns angerufen. Ich kann mich also nicht, ueber fehlenden Kontakt mit Deutschland beklagen.

Auf jeden Fall waren dann ein paar Freunde zum Abendessen da und wir haben eine supergeniale Lasagne gegessen, die Nathalie gezaubert hatte. Doch der Nachtisch war eindeutig der Beste: Gâteau à l’érable! Das heisst, dass ist ein leckerer Kuchen mit ganz viel Ahornsirup und sogar Ahornzucker und ich kann Euch nur sagen, dass das einer der besten Kuchen meines ganzen Lebens war. Viel blieb auch nicht mehr davon ueber und so konnte ich voellig vollgeschlagen meinen Geburtstagsabend geniessen.

Ich habe ein paar CDs, einen Pullover und eine grosse Kanadafahne geschenkt bekommen, weil mich die Québecfahne, die in meinem Zimmer haengt, in letzter Zeit ein wenig nervt. Jetzt sieht es auch gleich viel besser aus. Jetzt habe ich endlich Ferien!

Diese Woche werden wir anfangen unser Auto fuer den Physikwettbewerb zu konstruieren. (Habe ich davon erzaehlt? Ich hoffe doch!) Und nach den Ferien wartet noch ein Mathewettbewerb auf mich, der bis auf Provinzebene geht. Mal schauen, wie weit ich komme, grosse Preise gibt es auf jeden Fall! Und Ostern geht es dann bereits ab nach New York, wie ich mich freue!!!

Wir fahren vielleicht auch naechstes Wochenende in den Saguenay! Das ist eine Region von Québec, die wirklich weit im Norden ist und was Menschen und Sprache betrifft etwas ganz Besonderes sein soll. Da bin ich ja mal ganz gespannt, einen neuen Teil der Provinz kennenzulernen.

Da faellt mir gerade ein: Habe ich eigentlich vom Valentinstag hier erzaehlt? Ich glaube nicht. Also Valentinstag ist hier ja total der Renner! Ueberall ist alles dafuer geschmueckt und alle essen nur Schokolade in Herzform und da ich zum Footballteam gehoere, habe ich natuerlich genau so wie der Rest, einen rosa Pullover angezogen. Aber irgendwie fiel das auch nicht weiter auf, da so ziemlich die ganze Schule rot oder rosa angezogen hatte. Sonst war der Valentinstag aber auch nichts Besonderes.

Die Temperaturen sind jetzt inzwische auch schon wieder ueber null gestiegen, allerdings nur die von den Durchschnittswerten. Mit anderen Worten, eigentlich muessten wir schon Fruehling verspueren, sitzen aber statt dessen noch bei -9 Grad im Schnee und inzwischen beklagt sich meine Familie weit mehr ueber den langen Winter als ich!

Gruss,

éMAX

-- »Reduce to the éMAX!«

 

18. März 2001

Hallo zusammen!

Jetzt ist schon wieder Sonntag und ich kann mal wieder ein wenig von meiner Woche erzaehlen.

Montag morgen war erster Schultag nach den Ferien und das muss ich glaube ich wohl nicht weiter kommentieren. Es war aber auch der Mathewettbewerb angesagt und es lief alles ganz gut, war nicht zu schwierig und ausserdem fiel deswegen fuer mich mein Grammatikkurs aus. ;-)

Donnerstag habe ich dann die Ergebnisse bekommen und ich bin also erster in der Schule. Das bedeutet, dass ich naechsten Samstag an der naechsten Runde teilnehme, die schon provinzweit ist. Mal schauen, wie das wird.

Freitag Abend wollten wir dann auch noch einmal an unserem Gummibandauto weiterarbeiten. Allerdings hat uns unser Physiklehrer am Donnerstag mitgeteilt, dass wir bereits bis zum 2. Maerz einen schriftlichen Bericht abgeben mussten. Sehr lustig! Er hatte davon kein Wort gesagt, behauptete aber, dass wir das einfach vergessen haetten. Er ist zwar ein Genie und weiss wirklich alles, aber einen Fehler kann er nicht eingestehen. Er bot uns dann an, beim Wettbewerbskomitee anzurufen, um zu fragen, ob wir jetzt disqualifiziert sind.

Freitag Mittag fragen wir ihn also und er sagt, dass er waehrend der naechsten Stunde, eine Freistunde fuer ihn, da anrufen wuerde. Wir kommen nach der Stunde wieder und er ist gerade beschaeftigt und sagt, wir sollen in fuenf Minuten wieder kommen. Nach den fuenf Minuten behauptete er dann, dass da immer besetzt gewesen sei. So ein verdammter Luegner! Man kann ja Fehler machen, aber dass er es dann nicht eingestehen kann! Und jetzt wissen wir noch nicht einmal, ob wie disqualifiziert sind. Wir wollen auf jeden Fall trotzdem zum Wettbewerb fahren, nur um zu sehen, was die anderen so fabriziert haben.

Freitag Abend haben wir dann trotzdem noch ein wenig am Auto gebastelt, um uns die Zeit vorm Kino zu vertreiben. Wir haben Le tigre et le dragon gesehen, den deutschen Titel kenne ich leider nicht. Ist auf jeden Fall so ein asiatischer Film mit 10 (in Worten: zehn!!!) Oskarnominierungen und der war einfach nur laecherlich. So was habe ich noch nie gesehen! Guckt Euch den ja nicht an!

Danach waren wir Bowling spielen und ich habe das noch nicht oft gemacht. Dementsprechend waren auch meine Ergebnisse. Aber Spass hat es trotzdem gemacht.

Gestern Abend waren wir mit einer grossen Gruppe beim Bowling, wo wir dann ungefaehr die Haelfte der Bahnen belegt haben. Das war richtig cool! Es klappte auch alles ein wenig besser und so war der Abend einfach genial!

Nach zwei Abenden bis 3 Uhr morgens habe ich mir heute ein wenig Ruhe gegoennt und mal lange ausgeschlafen.

So denn, das war meine Woche. Ich hoffe, mal wieder was von Euch zu hoeren.

Gruss,

éMAX



-- »Reduce to the éMAX!«

 

25. März 2001

Hallo zusammen!

Wie zur Gewohnheit geworden, melde ich mich mal wieder, da es ja Sonntag ist, um ueber die vergangene Woche zu berichten.

Erwaehnenswert waere sicherlich der Fruehlingsausbruch am Anfang der Woche, der uns doch glatt zwei Tage mit 8 Grad und Sonnenschein gebracht hat. So was hebt wirklich die Stimmung und ich habe sogar schon ein paar von Schnee befreite Grasflecken gesehen. Ausserdem, habe ich Dienstagnachmittag eine kurze Hose angezogen, weil es so warm war. Ist halt alles relativ. Aber wer jetzt denkt, dass der Winter vorbei ist, hat sich verschaetzt: Donnerstag und Freitag hat es wieder ordentlich geschneit bei Temperaturen um 0 Grad, sodass wir jetzt wieder 40 cm Neuschnee haben. Das beste an der Geschichte ist aber, dass die Staedte ihre Schneeraeumbudgets fast vollstaendig aufgebraucht haben, was bedeutet, dass der Schnee nur noch an die Seite geschoben, anstatt aufgesammelt, wird. Das hat zur Folge, dass man als Fussgaenger auf die Strasse angewiesen ist, aber so schlimm ist das auch nicht. Wenigstens ist seit gestern die Sonne wieder da und jetzt kann der Freuhling kommen, hoffentlich bleibt er auch.

In der Schule war nichts Besonderes, wenn man mal von den gemeinen Examen unseres Physiklehrers absieht. Freitag Abend war ich nicht so lange auf, da ja Samstag der Mathwettbewerb war und ich somit frueh aufstehen musste. Um das mal zu praezisieren: Ich bin um 6 Uhr aufgestanden. Dann ging es zur Schule, von da aus mit dem Bus nach St-Jean (unwichtiger Ort), wo der Wettbewerb statt fand. Wir hatten also drei Stunden Zeit, unsere Aufgaben durchzuarbeiten, was so weit auch ganz gut klappte. Es klappte sogar so gut, dass ich nach einer Stunde fuenf Aufgaben fertig hatte. Da ich fest ueberzeugt war, dass es nur zehn Aufgaben gibt und mir noch zwei Stunden bleiben, habe ich mich nicht uebermaessig gestresst und habe mir ein Donuts und Apfelsaft gegoennt, die uns in grossen Massen fuer die Teilnahme gestellt wurden.

Das Problem war dann nur, dass ich irgendwann feststellte, dass es nicht zehn sondern fuenfzehn Aufgaben gibt und ich somit fuer fuenf Aufgaben noch 50 Minuten hatte und das Problem war leider, dass das die schwierigsten Aufgaben waren. Grosse Panik, ich lasse meinen Donut fallen und versuche noch, alle Aufgaben fertig zu machen, aber drei Aufgaben waren in der Eile zu schwierig, ich habe mit dem Stress auf jeden Fall keine Loesungsmoeglichkeit gesehen. Und so waren die drei Stunden vorbei und ich musste meinen Test abgeben. Anhand der ausliegenden Loesungen konnte ich dann auch feststellen, dass die Aufgaben, die ich gemacht habe, fast ausnahmslos fehlerfrei sind. Mit anderen Worten, die Donuts sind Schuld, wenn ich nicht am Finale teilnehme und danach sieht es wirklich nicht aus. Denn am Abend bei der Gala Personnalité (dazu gleich noch) habe ich eine der Mathelehrerinnen getroffen, die korrigiert hat und sie sagte, dass ich trotz der nicht gemachten Aufgaben Vierter in der ganzen Region. Wow! Es ist ein gutes Ergebnis, aber es wird mit hoechstwahrscheinlich keinen Platz beim Provinzfinale bringen. So ein Mist! Ich esse nie wieder Donuts!

Zurueck in Valleyfield, war ich keine 15 Minuten zu Hause, als ich auch schon mit einer Freundin (sie kommt im Sommer uebrigens nach Deutschland) zu einem Eiskunstlaufspektakel gefahren bin, um ein paar Leute aus unserem Mathekurs zu sehen. Es war wirklich eine schoene Show und hat sich gelohnt dahin zu fahren.

Danach haben wir eine Kleinigkeit gegessen und sind dann in die Schule gefahren, um uns die Gala Personnalité anzuschauen. Ich sage schon mal im voraus, dass es wirklich die allerbeste Show war, die ich jemals gesehen habe. Eine Steigerung kann es wirklich nicht geben! Nun denn, was ist diese Gala? Im Grunde ist das eine Show, bei der sechs Schueler der Schule teilnehmen, die sich vorher in den Vorentscheidungen qualifiziert haben und sich waehrend der Show dann mit ihren kuenstlerischen Talenten praesentieren. Die Show ist wirklich das Event des Jahres und ich verstehe jetzt warum. Alle Beteiligten arbeiten seit Oktober stetig fuer diese Show und es war einfach nur cool.

Aber nun zum Inhalt. Die erste Runde lief so ab, dass sich jeder Kandidat dem Publikum vorstellen muss, aber aus einer anderen Person heraus. Und allein das, war schon super cool. Da gab es Pipi Langstrumpf, Austin Powers, eine Wahrsagerin, einen Einbrecher, eine Satanistin und einen Man in black. Waehrend der ganzen Zeit beobachtet die Jury das ganze Geschehen um am Ende jemanden als Gewinner zu erklaeren.

Die zweite Runde bestand aus einer kuenstlerischen Praesentation und das war wirklich der beste Teil. Es ging halt nur darum, seine kuenstlerischen Talente unter Beweis zu stellen. Da wird dann Musik gemacht und Theater gespielt, gemalt, selbst konfektionnerte Kleider vorgestellt oder getanzt. Die besten Sachen waren aber eindeutig die der drei ersten Plaetze. Die dritte hat eine selbst geschriebene Kurzgeschichte vorgelesen, die wirklich genial (ich sollte mir mal ein anderes Wort einfallen lassen, aber mein Wortschatz wird taeglich kleiner!) war. Der zweite Gewinner hat einen selbstgeschriebenen Monolog aus der Sicht eines Behinderten vorgetragen und gespielt und Ihr koennt Euch gar nicht vorstellen, wie das reingehauen hat. Der ganze Saal, und das war eine ganze Menge, war totenstill und ich denke, dass es sogar Leute gab, die geheult haben. Wirklich ergreifend! Ungefaehr in dem gleichen Stil hat die Gewinnerin einen Auszug aus einem Theaterstueck vorgefuehrt, der aus der Sicht einer dicken Person geschrieben wurde und mal abgesehen von dem unuebertreffbaren Inhalt war die schauspielerische Leistung so einmalig. Wenn die keine Schauspielerin wird, dann geht da wirklich ein Talent verloren!

In der dritten Runde war dann Improvisation gefragt, da die Kandidaten einer nach dem anderen auf die Buehne geholt wurden, um eine Frage gestellt zu bekommen, die sie dann nach 2 Minuten Denkzeit gegenueber dem Publikum und natuerlich der Jury beantworten muessen. »Was ist fuer Dich das groesste Mysterium und wie reagierst Du darauf?« Zugegeben dieser Teil hinkte etwas, da fast alle auf das Leben und die Liebe eingingen und Ihnen dann nach zwei Saetzen die Worte fehlten, aber wenigstens waren sie dabei witzig.

Dann zog sich die Jury zurueck und wir wurden mit Musik unterhalten, die von Schulmitgliedern gemacht wurde und ich haette nicht gedacht, dass der Lehrer meines Karrierewahlkurses so gut singt. Wow! Dann gab es Preisverleihung (im Ganzen mehr als 1000$) und natuerlich auch Traenen bei den Gewinnern und bei den Verlierern. So ist das halt!

Diese Show war auf jeden Fall so unglaublich, dass eigentlich auch bei uns am Stein versuchen sollten, einzurichten. Es ist zwar viel Arbeit, aber bei dem Ergebnis lohnt es sich allemal. Nach der Gala haben sich so ziemlich alle, die bei der Gala waren, in einem Restaurant getroffen, wo wir dann noch bis tief in die Nacht gefeiert haben. Alles in allem, hatte ich also einen sehr schoenen Tag. Morgen geht es wieder in die Schule, aber da moechte ich jetzt noch gar nicht dran denken...

Gruss,

éMAX



-- »Reduce to the éMAX!«

 

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Stand: 27.03.2001
Artur Weinhold

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