Max Ebbinghaus berichtet (September 2000)

… aus Valleyfield, Québec
2. September 2000

Hallo zusammen!

Ich werde von jetzt an jede Mail mit einem kleinen Wetterbericht anfangen, da ich mich selbst oft frage, wie der Himmel denn in Deutschland aussieht. Das kann ich dann zwar schnell im Internet erledigen, aber damit Ihr das nicht machen muesst, werde ich das jetzt einfuehren. Wenn ich das also vergesse, erinnert mich dran.

Erster Tag unter 27 Grad. Ueber Mittag hat es geregnet und ich trage wegen der Kaelte Pullover und lange Hose. So wie es aussieht, bleibt das auch erstmal so. Ich bin schon ganz gespannt auf den Winter. Nachdem sich beim Chat nur mein Schatz Sebastian Krause eingefunden hat und der Geschichtsfanatiker Sebastian Luebke bei dem Versuch in den freenet-Chat zu gelangen mehrfach ... aehm ich habe das deutsche Wort vergessen (oh je, es geht los!) ... er hat es auf jeden Fall nicht geschafft, habe ich eine Menge zu erzaehlen, denn das Wochenende ist lang (Montag habe ich frei) und ausserdem war Freitag mein erster Schultag.

Freitag kam ich wie gewohnt zur Schule und bin wie alle anderen erstmal zu meinem Spind (schreibt man das ueberhaupt so?) gegangen. Dort habe ich dann die Buecher, die ich in der ersten Stunde (Mathe) nicht brauchte, erst einmal gelassen. Dann bin ich mit meinem Rucksack losgewandert und habe den Raum gesucht. Dabei ist mir aufgefallen, dass alle ihre Rucksaecke in den Schraenken lassen und nur Mappe, Buecher und Etui in den Unterricht nehmen. Ich also zurueck und Rucksack weggepackt. Dann konnte ich auch schon eintreten und habe mich ein wenig mit einem Franzosen unterhalten.

Dann kam auch schon der Lehrer und die Stunde fing an: Man soll es nicht glauben, aber er hat wirklich 50 seiner 75 Minuten darauf verwendet uns zu erzaehlen, was er denkt wie viele durchfallen, was er toleriert und was nicht und so weiter. Danach hat er uns noch erzaehlt, was wir machen werden. Trommelwirbel: Funktionen! Die hatten hier erst lineare und quadratische Funktionen. Und das ist bereits der zweit schwierigste Kurs hier. Wir werden also im Laufe dieses Jahres das machen, was ich bereits letztes Jahr ausfuehrlich bei Frau Neukirchen (Danke!) gelernt habe. In Anbetracht dieser Tatsache wollte ich eigentlich schon direkt zu dem Lehrer gehen, der mit mir den Stundenplan gemacht hat und mich in den hoechsten Mathekurs setzen lassen, damit ich naechstes Jahr auch im Mathe-LK mithalten kann. Aber ich habe noch abgewartet, nicht ganz zu Unrecht.

Nach der Stunde hatte ich 20 Minuten Pause, von denen ich nicht wirklich viel mitbekommen habe. Zum Spind, Buecher rein, Buecher raus und dann Raum suchen. Das letzte hat seine Zeit gebraucht. Doch dann war ich da und hatte halt Franzoesisch. Die Lehrerin verstehe ich perfekt im Gegensatz zum Mathelehrer, der manchmal etwas nuschelt. Sie hat uns dann auch erzaehlt, was sie erwartet und was wir machen werden, allerdings nicht so ausfuehrlich. Danach haben wir dann zur Einstimmung ein kleines Diktat geschrieben. Sie hat mir angeboten, dass ich das nicht mitschreiben muss, aber entweder ganz oder gar nicht. Also habe ich mitgeschrieben und ich denke, dass ich eigentlich keine Rechtschreibfehler haben duerfte, dafuer habe ich einige Woerter nicht verstanden und folglich auch nicht aufschreiben koennen. Ich glaube aber, dass meine Lehrerin im Grossen und Ganzen zufrieden war.

Ach ja, die Note setzt sich in Mathe und Franzoesisch fast ausschliesslich aus den schriftlichen Arbeiten und den Examen zusammen. Danach war erstmal Mittagspause und ich habe die Caféteria ausprobiert. Das Essen kostete zwar nur 2,50$ war aber auch dementsprechend. Dafuer aber mit Suppe, Hauptspeise, Nachtisch und Getrank. Die Cateringfirma ist uebrigens Aramark, so wie im Westfalenstadion. Nach der Mittagspause ging es dann in den Kurs Moral. Ich musste das waehlen! Eigentlich wollte ich ja evangelische Religion haben, aber das scheint nich zustande gekommen zu sein. Ich glaube, dass es an der ganzen Schule nur einen Protestanten gibt – mich. So ist das halt, wenn man nur von Leuten umgeben ist, deren Vorfahren aus Frankreich kommen! (Schoene Gruesse an Jeanne!) Meinen Moralprediger (sind wir nicht witzig?) verstehe ich am besten. Er spricht zwar in einem Tempo, das Claudia noch nicht einmal auf deutsch mithalten koennte, aber er kommt aus Libyen und spricht ohne diesen Akzent. Er ist auch sehr nett und lustig, aber ich glaube, dass ich Moral nicht wirklich moegen werde, da man sich die Punkte in dem Fach nicht durch Examen und Ankreuz-Arbeiten holt, sondern durch Beteiligung am Unterricht, wovon ich mich noch im Moment ueberfordert fuehle.

Die letzte Stunde war dann Geschichte. Ich habe Geschichte in einem Kurs der sécondaire 4. Sonst bin ich in der sécondaire 5, aber der Geschichtskurs ist Pflicht fuer den Abschluss, weil der von Québec und Kanada handelt. Der Lehrer ist auch sehr sympathisch und ich glaube ich werde Geschichte bei ihm moegen. Zu Beginn haben wir einen kleinen Test geschrieben, der Fragen ueber die Geschichte Kanadas enthielt. Dafuer bin ich doch hier, woher sollte ich das wissen? Ich habe auf jeden Fall nur 40% erreicht. Das waere dann im Normalfall durchgefallen, aber der war sowieso nur zum Spass mit Fragen wie kennst Du den Namen Deiner Urgrossmutter? Ja oder Nein reichte. Wer nein geschrieben hat, war selber schuld. Den dicksten Patzer habe ich mir aber bei der Frage, wer Québecs Premierminister ist, geleistet. Das sollte man sogar als Auslaender, der ein Jahr hier lebt, wissen. Ich habe ihn aber leider mit dem Premierminister Canadas, Jean Chrétien, verwechselt und folglich das Falsche geschrieben. Meine Gastmutter meinte aber, dass das schon gut waere. Viele Schueler wuerden die Namen von bereits verstorbenen Premierministern nennen.

Wie auch immer, das wird lustig. Ach ja, in Moral sass ich in direkter Umgebung von Rammstein-Fans. Das kann man nicht empfehlen. Denn als die dann gehoert haben, dass ich Deutscher bin, musste ich die Texte uebersetzen und natuerlich kamen die ersten Kommentare zu Hitler und den Nazis. Ich habe das aber noch elegant gemeistert. By the way, meine Gastmutter hat mir erzaehlt, dass hier eine lange Zeit lang »Mein Kampf« zu kaufen gab, allerdings in veraenderter Form. Die Passagen mit den Konzentrationslagern und der Massenermordung wurden rausgelassen, so dass im Grossen und Ganzen das Bild entsteht, dass Hitler einfach nur die Welt als ein grosses Land sehen wollte, in dem es keine Kriege gibt und in dem jeder jeden liebt. Das Buch war ein Bestseller. So viel zur Geschichtsverdrehung. Um 16.05 Uhr war dann mein Unterricht zu Ende und ich habe mich Richtung zu Hause begeben, da ich erst naechste Woche mit den Aktivitaeten nach der Schule beginne. Das hat mir der zustaendige Lehrer vorgeschlagen, damit ich mich erst einmal eingewoehnen kann. Er hat recht und das Soccerteam rennt nicht weg.

Zu Hause angekommen, erst einmal etwas trinken, denn es waren 31 Grad bei einer saumaessigen Schwuele, so dass es nicht auszuhalten war. In der Schule ging das noch, die hat naemlich keine Fenster und ist klimatisiert, aber bei uns zu Hause ist das genau umgekehrt! Dann setzte ich mich an meine Hausaufgaben, die ich in Mathe und Geschichte aufbekommen hatte. Natuerlich habe ich mit Mathe angefangen. Die ersten Aufgaben waren wirklich einfach, aber dann kamen vier Aufgaben, da habe ich einfach nicht verstanden, was ich machen sollte, ich habe keinen Schimmer, was die von mir wollen. Der Lehrer hat uns zwar die Loesungshefte gegeben, aber ich habe dennoch keinen Schimmer, wie man zu diesen Loesungen gelangen soll. Die Aufgaben danach waren wieder sehr einfach. Deswegen weiss ich jetzt nicht recht, ob ich den Kurs wechseln soll. Ich habe naemlich keine Ahnung, ob das etwas ist, was ich nicht beherrsche, oder ob es nur an Sprachschwierigkeiten liegt (meine Gasteltern konnten mir nicht weiterhelfen) oder ob das nur eine Kleinigkeit ist, die in meinem Hirn einmal Klick machen muss. Ueber Ratschlaege von Seiten meines Bruders, der ja auch einen Mathe-LK hat, waere ich sehr erfreut, Philipp.

Geschichtshausaufgaben waren nicht sonderlich schwer, ausser dass ich nicht weiss, welches Ereignis 472 dazu gefuehrt hat, dass das Mittelalter beginnt.Kriege ich aber noch raus. So genug von der Schule geredet. Catherines Geburtstagsfeier war heute, aber was soll ich dazu Besonderes erzaehlen? Ist halt so, wie jeder Kindergeburtstag. Habe ich schon erzaehlt, dass wir eine schizophrene Katze haben? Manchmal ist sie wirklich lieb und man kann sie streicheln und sie will gar nicht mehr gehen. Dann manchmal faucht sie nach einem und will kratzen und beissen. Und dann wiederum benimmt sie sich manchmal wie ein Hund und apportiert ihr Baellchen und haechelt original wie ein Hund. So etwas habe ich noch nie gesehen.

So jetzt habe ich genug geschrieben. Ich glaube, dass hier war die laengste Mail, die ich bisher aus Kanada geschickt habe. Da klopfe ich mir mal ganz kraeftig auf die Schulter. Ja, so ist es besser.

Bye,

éMAX

-- »Reduce to the éMAX!«

 

4. September 2000

Hallo zusammen!

Im Moment ist es wieder ein wenig besser geworden. Die Sonne scheint und man kann bei langer Hose im T-Shirt rumrennen, aber heute Nacht war es so kalt, dass ich das Fenster, das sowieso nur einen Spalt breit geoeffnet war, schliessen musste. Ich schaetze, der Sommer ist vorbei und jetzt beginnt der Herbst.

Obwohl ich keine Schule habe, hatte ich wieder ein wenig Lust eine E-Mail zu schreiben, aber aufgrund des langen Wochenendes ist nicht so viel passiert, also nicht beschweren, wenn die Mail etwas kuerzer wird.

Ausserdem weiss ich gar nicht, wie lange ich noch dazu komme zu mailen. Morgen werde ich mich naemlich beim Lehrer, der fuer das Schuelerleben zustaendig ist, melden, um ein wenig im Soccerteam mitzumischen. Mal schauen, wie meine Chancen stehen. Ich denke aber, dass die auf keinen Fall weniger trainieren als das Footballteam von Dennis. Gestern Abend waren wir bei den besten Freunden meiner Gasteltern zum Abendessen eingeladen. Die sind auch haeufig bei uns und ueberhaupt treffen wir uns staendig. Da war es ganz cool. Essen war gut und wir haben danach noch »Take it easy« gespielt. War nicht schlecht.

Heute sind wir dann auf eine Apfelplantage gefahren, auf der man sich selbst seine Aepfel pfluecken darf. Das hat echt Spass gemacht, vor allem weil man so viele Aepfel Essen konnte, wie man wollte. Und die Aepfel sind der Hammer. Sie schmecken supergenial und sehen auch perfekt aus. Aepfelpfluecken ist eine coole Geschichte. Danach sind wir zum Arbeitsplatz meines Gastvaters gefahren. Er arbeitet fuer die Elektrizitaetsgesellschaft in einem Umspannwerk und er hat uns die ganze Technik und Elektronik gezeigt. Das war Wahnsinn! Und vor allem wurde da einfach nur der Strom von 120 kV auf 44 kV runtergedreht – mehr nicht und trotzdem waren das zwei Gebaeude voll mit Geraeten und Kabeln und was weiss ich nicht allem.

Eigentlich waere das schon alles, was ich erzaehlen kann. Naja, egal. Bis zum naechsten Mal, oder wie man hier sagt: »A la prochaine!«

éMAX


-- »Reduce to the éMAX!«

 

5. September 2000

Hallo zusammen!

Nach einer superkalten Nacht war es heute morgen bitter kalt, allerdings wurde es im Laufe des Tages waermer. Heute war ein toller Tag. Nebenbei, es war mein zweiter Schultag. Da es heute morgen so arschkalt war, beschloss ich nicht mein Fahrrad zu nehmen, sondern ausnahmsweise mal mit dem Bus zur Schule zu fahren, damit ich das vor dem Winter einmal gemacht habe, denn dann werde ich nicht mehr mit dem Fahrrad fahren koennen. Klappte auch ganz gut. Rechtzeitig da gewesen, Bus mich mitgenommen, puenktlich an der Schule gewesen.

Erste Stunde hatte ich Mathe und da waren ja noch die paar ungeloesten, weil nicht verstandenen, Aufgaben. Bevor unser Lehrer in die Klasse kam, klappte ich mehr intuitiv als beabsichtigt mein Buch noch einmal auf und warf einen Blick auf die entscheidenden Aufgaben. Und wer mag es glauben? Es macht Ping und ich wusste, was ich machen musste. Die Zeit reichte natuerlich nicht, um die Aufgaben noch vorher zu machen, aber der Lehrer kontrolliert sie sowieso nicht, weil wir die Hausaufgaben fuer uns machen und nicht fuer ihn. Das Problem war wirklich simpel. Es war wahrscheinlich so, dass ich diese Art der Bearbeitung in einem Fortgeschrittenenkurs der Abschlussklasse einfach nicht fuer moeglich gehalten haette. Es war naemlich nur einfache Multiplikation gefolgt von zwei Additionen. Die Stunde heute habe ich auch wieder als simpel empfunden und die Hausaufgaben haben diesmal keine Fallen enthalten.

Zweite Stunde hatten wir Sport. Die Turnhalle ist minimal groesser als unsere am Stein, allerdings duerfen sich hier vier Kurse zur gleichen Zeit den Raum teilen. Zum Glueck sind waehrend unserer Stunden nur zwei andere Klassen da und weil wir die aeltesten sind, bekommen wir immer zwei Teile. Aber was viel wichtiger war: Es gibt ein richtiges Handballfeld mit richtigen Handballtoren in dieser Halle!!! Wenn kein Soccer mehr ist, werde ich folglich versuchen, ein paar Leute fuer Handball zu begeistern. Wir werden das naemlich auch im Sportunterricht spielen. Da freue ich mich schon drauf, dass ich den Kanadiern einmal zeigen kann, wie man Handball spielt.

Sport haben wir allerdings nicht gemacht. Der Lehrer hat nur einen superlangen Vortrag ueber Gesundheit und Sport und so gehalten. Dann war Mittagspause. Nachdem ich mich gestaerkt hatte, ging ich zum Zustaendigen fuer das vie étudiante (Schuelerleben) um nach dem Soccer-Team zu fragen, da ich gerne mal etwas Sport machen wuerde. Die fangen aber erst spaeter an und er wird mir Bescheid sagen, wenn es so weit ist. Also muss ich doch noch warten.

Dritte Stunde hatte ich Physik. Diese Stunde ist erwaehnenswert. Ich hoffe, dass die meisten von Euch das Video von »Right here, right now« von Fat Boy Slim kennen. Falls nicht, hier einmal die Kurzfassung: Das Video startet so ungefaehr mit dem Urknall und zeigt dann die Evolutionsgeschichte beginnend beim einfachen Mikroorganismus, der sich immer weiter entwickelt. Wenn die Uhr in den 90er Jahren angelangt ist, wird der enstandene Mensch zu einem ziemlich fetten Menschen, der durch die Strassen wandert. Und genau so, wie dieser beleibte Mann sieht mein Physiklehrer aus. Ich glaube sogar, er war es. Ich werde ihn mal fragen, ob er bereits eine Schauspielerkarriere hinter sich hat. ;-)

Und der Mann macht einen Unterricht – unglaublich. Wir machen Optik und er rennt nur so dadurch. Er redet unheimlich schnell und schreibt was an die Tafel. Und bevor man das abschreiben konnte, hat er schon wieder ausgewischt und neue geschrieben. Das ist Akkordarbeit!

Letzte Stunde war dann Englisch, wo es eigentlich nichts Besonderes zu erzaehlen gibt. Ich werde wohl keine Probleme haben.

Dann kam der spannende Teil des Tages: Die Heimfahrt! Irgendwie bedauere ich es, dass ich nicht in Brambauer wohne und ein wenig Erfahrung mit Schulbussen habe, was mir in diesem Fall wahrscheinlich nicht weitergeholfen haette. Es war naemlich die Frage, ob mein Bus, der 23er, vor oder hinter der Schule hielt. Da ich in Eile war, konnte ich niemanden mehr fragen, bis ich hinten war, wo wir auch morgens gehalten hatten. Da sah ich eine grosse Reihe von Schulbussen stehen, aber keine 23. Ich unterhielt mich dann noch ein bisschen mit ein paar Jungs aus dem Mathekurs. Sie sagten, dass die 23 eigentlich hinten ankommen muesse und noch nicht da war. Ich wartete also. Irgendwann blieb nur noch eine Gruppe von Schuelern uebrig, die wohl alle auf den gleichen Bus warteten. Schoen, dann werde ich hier schon richtig stehen. Denkste, der Bus der kam war die 36. Sch… gedacht und gesagt, versteht ja keiner, und ab zurueck ins Schulgebaeude Nathalie anrufen, dass sie mich abholt. Aber nix da, Schulgebaeude bereits abgeschlossen. Dann durfte ich also wandern und ich hatte schon mal erwaehnt, dass die Schule am anderen Ende der Stadt steht.

Nach 7 Minuten stiess ich auf die erste Telefonzelle: besetzt. Irgend so eine Quatschtante meinte, sie duerfte das oeffentliche Telefon blockieren. Ich also weitermarschiert. Nach 20 Minuten hatte ich die naechste Telefonzelle gefunden, sie war frei. Ich rein, meinen Notfallquarter (25¢) eingeschmissen und ... nichts, das Telefon war kaputt. Da habe ich mich gefreut, das koennt Ihr Euch gar nicht vorstellen. Ich also weiter marschiert. Nach wohlgemerkt 30 Minuten fand ich dann wieder eine Telefonzelle. In freudiger Erwartung fehlte mir eigentlich nur noch, dass mir mein bereits gezueckter Quarter aus der Hand faellt in den Gulli rollt und ich keinen anderen dabei habe. Doch zum Glueck hielt ich ihn in Befuerchtung genau dessen fest umschlossen in meiner Hand.

Ich glaube, es war das erleichterndste Telefongespraech, das ich je gefuehrt habe, obwohl es auf Franzoesisch war! Gilles kam mich dann mit dem Auto abholen, nachdem ich zwei Drittel des Weges marschiert war. Nach geschlagenen 35 Minuten war ich dann zu Hause. Morgen passiert mir das garantiert nicht! So, das war mein Bericht von heute. Bitte schreibt mir nicht zu viele Mails, in denen Ihr Euch ueber mich lustig macht. Vielen Dank!

Gruss, éMAX

-- »Reduce to the éMAX!«

 

6. September 2000

Hallo zusammen!

Das Wetter ist genau so wie gestern. Morgens schlimm kalt und dann wird es noch angenehm warm. Heute habe ich allerdings nicht den Fehler gemacht und bin mit dem Bus gefahren. Statt dessen habe ich mein Fahrrad genommen, doch jetzt weiss ich, wo der Bus abfaehrt.

Erste Stunde war heute Grammatik und Orthographie. (Das sollten sie mal als Eingangstest die Schueler schreiben lassen! ;-) ) Das ist ein ganz normaler Kurs, den ich viermal in meinem Stundenplan habe, was bedeutet, dass ich zusammen mit meinem normalen Franzoesischkurs acht Stunden in neun Tagen habe. Das ist echt der Hammer, zumal ich noch nicht mal franzoesisch beherrsche und es doch darum geht in diesen Faechern.

Zweite Stunde war wieder Mathe und ich kann einfach nichts Neues erzaehlen. Wir haben heute »entdeckt«, dass man ein x nicht erst durch die erste Funktion jagen muss, um das Ergebnis dann in einer zweiten Funktion zu verwenden, sondern dass man genau so gut eine Funktion aufstellen kann, die diese Aufgabe in einem Schritt erfuellt. Ausserdem haben wir hammermaessige Taschenrechner, die wir in der Schule benutzen. Auf denen kann man sich die Funktionen anzeigen lassen.

Danach hatte ich Franzoesisch. Es gab das Diktat zurueck... Nun ja, ich bin wohl durchgefallen. In Kanada muss man immer 60% (nicht wie in Deutschland nur die Haelfte) erreichen und da ich von den 30 zu erreichenden Punkten nur 17 erreicht habe, was genau einen Punkt zu wenig ist enstpricht das einer 5+. Stoert mich aber nicht wirklich, da ich damit immer noch etwas ueber dem Klassendurchschnitt liege. Ich will nur kurz die Punktzahlen der um mich herum sitzenden Leute aufzaehlen, die allesamt Frankokanadier sind: 13, 10, 0 , 6. Insofern bin ich total zufrieden und meine Fehler waren die ueblichen Vergessen-anzugleichen-Fehler.

Moral war heute ganz interessant und hat auch Spass gemacht. Ich glaube, dass ist ein wenig mit Philosophie vergleichbar. Auf jeden Fall muss ich als Hausaufgabe fuer irgendeinen spaeten Termin, eine Zeichnung anfertigen, die ein moralisches Dillemma darstellt. Ohne Worte! Mal schauen, was ich mache! So, das waer’s, ich habe heute so viele Hausaufgaben, dass ich mich wieder an Schreibtisch setzen muss. Ich habe bereits zwei Stunden gearbeitet.

Gruss,

éMAX

-- »Reduce to the éMAX!«

 

7. September 2000

Hallo zusammen!

Das Wetter war heute wesentlich angenehmer. Es war morgens nicht ganz so kalt und nachmittags wurde es noch richtig schoen. Ich werde heute auf keinen Fall viel schreiben, es ist einfach zu viel zu tun. Gestern habe ich noch bis 22 Uhr Hausaufgaben gemacht, alle fuer den naechsten Tag. Die fuer morgen habe ich jetzt schon hinter mir, aber fuer Physik und Moral steht noch einiges aus.

Eigentlich habe ich deswegen jetzt auch gar keinen Bock gross von meinem Tag zu erzaehlen. Ich koennte statt dessen ein wenig Physik-Hausaufgaben machen... Die Schule hier ist ja wirklich nicht schwierig, aber die Lehrer muessen immer Tonnen von Hausaufgaben aufgeben, dass kann doch nicht sein!

Bevor ich diese Mail beende, ohne eigentlich irgendwas erzaehlt zu haben, moechte ich noch von meinen Mathehausaufgaben berichten. So lautete denn eine Aufgabe (ich habe sie jetzt ins Deutsche uebersetzt): Ein Lastwagen hat ein Leergewicht von 5000 kg. Er laedt immer Kartons von 10 kg Gewicht. Nach der Beladung wiegt der Laster 9560 kg. Wie viele Kartons wurden geladen? So etwas kann es doch nicht geben! Das ist bereits fuer Fortgeschrittene in der Abschlussklasse!

In der Stunde heute haben wir uns mit Termumformung in Gleichungen befasst. Also dass man aus 2(3x-2) durchaus 6x-4 machen darf und dass es erlaubt ist auf beiden Seiten der Gleichung einen zusaetzlichen Term einzufuegen, z.B. +5. Ich kann Euch nur sagen, nach dieser Stunde war ich geistig so ausgelaugt, dass ich heute meine Mittagspause mit Geschichtshausaufgaben verbracht habe.

Gruss,

éMAX

-- »Reduce to the éMAX!«

 

9. September 2000

Hallo zusammen!

Es ist Samstag und ich bin wirklich gluecklich darueber. Ich habe meine angesammelten Hausaufgaben schon gestern in Angriff genommen und, man staune, ich war bereits um 19 Uhr fertig. Jetzt habe ich das ganze Wochenende frei und kann Mails schreiben. Ist das nicht schoen? Hier gibt es eigentlich auch nichts Neues zu erzaehlen, ach ja doch! Ich habe es gestern wirklich gewagt mit dem Bus zur Schule zu fahren.

Nach der Schule wieder die Frage: Kommt der Bus vorne oder hinten an? Ich dachte vorne und bin dahin gegangen. Da stand er nicht und dann habe ich blitzschnell entschieden, nach hinten zu rennen, wo ich ihn dann fand und der letzte war, der vor dem schliessen der Tueren noch reinspringen konnte. So ein Glueck! Dafuer habe ich meinen Ausstieg verpasst und musste eine Station weit zuruecklaufen. In Englisch haben wir zwei kleine Tests geschrieben: 25 von 30 Punkten und 18 von 21 Punkten. Bin zufrieden.

Ich lade Euch fuer morgen 17 Uhr zum Chat bei www.west.de ein. Nachdem die Seite vollstaendig geladen ist auf der linken Seite auf 17 Chat Channels klicken. Dann kann man seinen Namen eingeben und chatten gehen. Wir treffen uns erstmal im WestCentralPark. Besser ist es jedoch, wenn Ihr Euch bereits einen Namen reservieren wuerdet. Dann braucht Ihr auch ein Passwort, aber niemand ausser Euch kann den Namen dann benutzen. Ich chatte diesmal bei west, weil bei einigen Leuten freenet nicht funktioniert hat.

Da faellt mir gerade ein, habe ich schon mal das Thema Fuehrerschein angeschnitten? Nicht, haette ich vielleicht sollen. Es ist hier auf jeden Fall so, dass an den meisten Schulen der Fahrunterricht vor ein paar Jahren abgeschafft wurde und man deswegen in eine private Fahrschule muss, um den Fuehrerschein zu machen. Und das darf ich von meiner Organisation aus nicht, was mich nicht interessieren wuerde, allerdings kostet diese Fahrschule dann auch nicht weniger als in Deutschland, wo ich nochmal die Pruefung machen muesste. Also werde ich in Deutschland wohl doch nicht vor meinem 18. fahren. Schade!

Gruss,

éMAX

-- »Reduce to the éMAX!«

 

10. September 2000

Hallo zusammen!

Seit gestern ist es wieder fast Sommer. Ich meine damit, dass man ohne Probleme in kurzer Hose und T-Shirt raus kann. Gestern war ich mit Gilles skaten. Also ich bin geskatet und er mit dem Fahrrad nebenher. Da man hier nicht in der Stadt skaten darf, mussten wir erst ein Stueck mit dem Auto zu einer wuderbaren Piste fuer Skates und Fahrraeder fahren. Hat sich aber gelohnt.

Gestern Abend war hier Gilles Geburtstagsparty. Es waren unheimlich viele Leute da, die ich haeufig natuerlich nicht verstanden habe, aber das macht ja nichts. Das kommt schon noch.

Heute morgen bin ich extra fuer Formel 1 aufgestanden. Das ist hier ja um 8 Uhr. Und dann so was: Erst schiesst der Postbote Frentzen Rubinho ab und dann kann Quick Nick nicht anders, als sein Auto mitten auf der Strasse abzustellen. Reife Leistung! Wenigstens haben die Schumacher-Brueder noch gezeigt, dass Deutsche Auto fahren koennen.

Nach dem Rennen, zeigen sie hier noch die Pressekonferenz der FIA. Als Schumi gefragt wurde, was denn der Sieg jetzt fuer ihn bedeute, wo es der 41. war und er somit genau so viele Siege hat, wie Formel-1Legende Ayrton Senna, hat er angefangen zu weinen und konnte nicht antworten. Ralf wusste gar nicht, was mit seinem Bruder passierte.

Dann wurde Michael die Frage nochmal gestellt. Er sagte, dass er die nicht beantworten moechte, aber die FIA sagte, er muss. Haben die das alles bei RTL gezeigt? Ich finde das eine ziemliche Sauerei. Der Mann ist emotional voellig fertig und dann gibt es kein Erbarmen. Christin koennt Ihr sagen, dass ich ihren Brief bereits Donnerstag bekommen habe.

Gestern habe ich dann die Antwort losgeschickt. Ich freue mich immer ueber Briefe von Leuten, die mir nicht mailen koennen! Ach ja, und falls jemand Patrizia treffen sollte, bitte richtet ihr von mir alles gute zum Geburtstag aus! Also mit Chat war wohl wieder nichts. Bis 17.05 Uhr kam keiner und dann ist dieser geniale Windows-Rechner abgeschmiert und ich habe 20 Minuten gebraucht, um ihn wieder zum Laufen zu bringen. Jetzt sitze ich hier also schon 45 Minuten, habe nicht gechattet und noch keine Mail geschrieben. Toll, nicht? (Das war die alte Version! Inzwischen ist mir der Rechner nochmal richtig abgeschmiert und was richtig heisst, koennt Ihr Euch nicht vorstellen.)

Gruss,

éMAX

P.S. Ebbinghaus-family: Wisst Ihr eigentlich, dass man fuer diese anglophone E-Mailadresse gehaengt werden kann? ;-)

-- »Reduce to the éMAX!«

 

12. September 2000

Hallo zusammen!

Seit gestern ist es unheimlich feucht. Es regnet immer wieder, der Himmel ist ziemlich grau und die Luftfeuchtigkeit ist ziemlich hoch. Also bestes Gewitterwetter, kommt auch heute Abend. Dazu haben wir noch Nebel und Temperaturen um 24 Grad.

Nachdem ich gestern keine Mail geschrieben habe und prompt zur Strafe heute nur zwei neue Mails bekommen habe (Ganz schwach, Leute! Danke, Sebastian? Domenica!), fuehle ich mich verpflichtet wieder zu schreiben, ich will ja nicht ohne Post da stehen. A propos Post, Christins Karte ist angekommen und Sebastians auch. Gerade ist ausserdem auch Claudias Brief hereingeschneit. Endlich habe ich ein wenig »echte« Post. Das ist auch ganz schoen.

Gestern hatte ich mein erste Stunde Education Choix Carrière. Das ist hier obligatorisch. Ich werde, wie jeder andere auch, mir einen Beruf aussuchen und dann ein Referat darueber halten muessen. Ich wuerde ganz gerne den Beruf des Physikers waehlen.

Meine Gasteltern meinten, dass es gut sei, wenn man jemanden haette, dem man Fragen dazu stellen koennte. Deswegen beauftrage ich Felix damit, mir Daniel Rudolphs E-Mailadresse zu besorgen, um ihn zu bitten, mir Auskunft zu geben. Hast Du verstanden, Felix? Auf geht’s!

Ausserdem hatte ich die erste wirkliche Sportstunde hier. War wirklich lustig. Fussball war naemlich das Thema und ich glaube, dass das erste Mal war, dass mir jemand die Regeln erzaehlt hat. Die Tatsache, dass hier die Regeln noch einmal vorgelesen werden muessen, lassen auf die Spielqualitaet schliessen. So ist es leider. Aber es macht Spass.

Heute war eigentlich nichts Besonderes. Wir haben nur die Ankuendigung fuer das erste Examen (so was wie eine Klassenarbeit) in Mathe bekommen. Freitag werde ich also sehen, was mathematisch von mir verlangt wird.

Mit dem Bus habe ich es so langsam raus. Ich muss nur noch den richtigen Moment zum Aussteigen finden. Denn bis jetzt habe ich es noch nicht geschafft, den Busfahrer (ich habe ihm den Namen Herb gegeben) dazu zu bringen, an meiner Strasse zu halten und so muss ich immer 150m extra laufen. Ich glaube, manche Schueler wuerden dafuer eine Klage beim Verfassungsgericht einreichen! ;-)

Jetzt noch ein Wort zu dem, was ich Sonntag mache (Kanadier, bitte besonders aufpassen!): Ich habe von der Organisation eine Einladung bekommen mit meiner Familie zu einem Picknick in der Naehe des Sprachcamps zu kommen, wo dann eine erste Zwischenbilanz gezogen wird. Ausserdem bekomme ich da das Geld fuer meine Schulbuecher wieder. Mal schauen, was mich sonst noch so erwartet. Kommt Ihr auch dahin? (Die Frage richtet sich natuerlich nur an die Kanadier!) Waere eigentlich ganz cool!

Das waer’s auch schon wieder. Macht’s gut,

éMAX

-- »Reduce to the éMAX!«

 

16. September 2000

Hallo zusammen!

Das Wetter hat sich wirklich etwas abgekuehlt. Der Herbst steht also vor der Tuer!

Gestern war also mein grosser Tag: Drei Examen und mein erstes Soccertraining!

Zuerst musste ich Mathe schreiben, was auch nicht weiter schlimm war, auch wenn es wahrscheinlich das schwerste Examen des Tages war. Zwei Aufgaben konnte ich nicht loesen, weil mir eine bestimmte Formel nicht mehr einfallen wollte und ich es auch nicht mehr geschafft habe, sie zu reproduzieren. Eine andere Aufgabe habe ich auf Grund von sprachlichen Schwierigkeiten erst 3 Minuten vor Schluss in Angriff nehmen koennen. Das hat dann nicht mehr gereicht. Wie auch immer, ich denke, dass ich die anderen rihtig habe. Es sollte also noch was ganz Gutes bei rausspringen. Mal schauen.

Danach stand Franzoesisch auf dem Plan. Es war ja nur ueber das Buch Von Maeusen und Menschen. Die Fragen waren nicht wirklich schwierig, allerdings musste man seine Antworten begruenden, was mir natuerlich nicht sehr leicht fiel. Aber ich denke, dass ich meine Faehigkeiten ganz gut eingesetzt habe.

Dritte Stunde war Moral. Wir sollten an unserem Bild zum moralischen Dilemma arbeiten. War also wie eine Kunststunde in Deutschland: Jeder hat ein Blatt Papier und seine Stifte vor sich liegen, labert aber nur mit den anderen Leuten um einen herum. Ich habe in der Stunde auf jeden Fall echt total viel gelabert und die Fragen kamen von allen Seiten und ich hatte keine Chance mich zu wehren. Am Ende der Stunde hatte ich einen Strich gezeichnet. Aber wir haben noch ein paar Stunden vor uns, bis wir das Bild abgeben muessen. Ausserdem duerfen wir, wie im Kunstunterricht, auch zu Hause weiterarbeiten. Ist ganz cool. Und der Morallehrer ist sowieso der coolste von allen.

Dann hatte ich noch Geschichte: Das Examen war wirklich einfach. Etwas mehr als die Haelfte der Fragen waren Multiple-Choice-Sachen, was die Sache nicht wirklich verkomplizierte. Am Ende der Stunde haben wir noch einen kurzen Film geguckt und unser Geschichtslehrer hat mein Examen schon korrigiert. Ich habe 28 aus 31, also gute 90%. Damit bin ich voll zufrieden und die Kanadier waren etwas erstaunt. So ist das halt.

Nach der letzten Stunde erwartete mich dann Soccer-Training. Was soll ich sagen? Ich meine, vergleichbar mit deutschen Fussballkuensten ist das nicht, aber schlecht sind sie nicht. Also etwa alle so auf meinem Niveau, was mir natuerlich sehr entgegenkommt. Technisch sind die alle nicht so schlecht, aber schiessen koennen die wirklich nicht. Das sind immer Schuesschen in die entgegengesetzte Richtung, aber dafuer haben wir ja Training. Unser Trainer ist im Uebrigen ein Belgier. Mittwoch ist dann unser naechstes Training.

Ach ja, fuer das Training und das Spielen und so muss man 100 $ bezahlen, weil die Ausruestung und so kostet. So eine Schweinerei! Das Geld kann man dann durch Verkauf von irgend welchen Sachen fuer die Schule wieder bekommen. Das bedeutet, dass man dann zur Oma geht und mal bei den Nachbarn vorbeischaut und den etwas andreht. Tolle Aussichten fuer mich! Wahrscheinlich bleibe ich dann nachher doch bei noch bei 50 $ haengen. So ist das halt.

Das war auch alles, was ich zu erzaehlen habe. Ich freue mich riesig ueber die zahlreichen Mails. Macht’s mal gut,

éMAX

-- »Reduce to the éMAX!«

 

16. September 2000

Hallo zusammen!

Ist schon etwas ungewoehnlich, dass ich mich so lange nicht gemeldet habe, aber ich war richtig krank und war irgendwie nicht in der Lage Mails zu schreiben. Am Sonntag bei dem Treffen mit der Organisation waren es naemlich schaetzungsweise 8 Grad. Und das ganze war ueberwiegend draussen. Ich habe natuerlich viele aus dem Sprachcamp wieder getroffen, was ganz schoen war. Da sind ZEHN Austauschschueler auf derselben Schule. Ein Glueck, dass ich das nicht habe. Die haengen naemlich sehr oft zusammen und so wird das natuerlich nicht einfacher.

Sonst wurden wir eigentlich nur ueber die Regeln des Aufenthalts aufgeklaert und so. Eigentlich nichts besonderes. Auf jeden Fall war das zu viel. Nachdem meine Gastschwester Catherine am Freitag krank war und es Samstagabend dann Nathalie ueberfallen hat, war ich am Sonntagabend durch die Kaelte geschwaecht das naechste Opfer. Und das war wirklich nicht schoen! Meine Nase lief und lief und ich habe geniest und geniest und ueberhaupt habe ich ganz schlecht geschlafen.

Gestern ging es schon besser, aber von gut ist nicht zu sprechen. In der Schule war ich natuerlich trotzdem. Heute hat die Nase ein wenig Ruhe gegeben, dafuer habe ich Husten. So sieht das aus, ich bin schon gespannt, welche Krankheiten ich im Winter an Land ziehen werde. Ich werde diese Mail jetzt beenden, um meine leicht einsetzenden Kopfschmerzen nicht noch zu verstaerken. (Ich bin aber trotzdem ohne Pullover in der Schule, allerdings haben wir heute auch wieder 22 Grad!)

Macht’s gut,

éMAX

-- »Reduce to the éMAX!«

 

21. September 2000

Hey Leute!

Ich sitze gerade in der Schule und muss diese Nachricht loswerden: Nach meiner Stunde Orthographie und Grammatik kam ein Junge aus dem Kurs, dem man ansehen konnte, dass er Football spielt, an und unterhielt sich mit mir ueber Football. Ob ich das schon mal gespielt haette und all den ganzen Kram. Wie auch immer, er fragte mich dann, ob ich nicht Lust haette, das mal auszuprobieren. Und da ich noch nicht definitiv im Soccer-Team bin, habe ich natuerlich ja gesagt.

Dann hat er mich noch dem Coach vorgestellt, der ganz euphorisch war, einen Deutschen zu haben. Die wollen mich natuerlich als Kicker einsetzen. Das ist doch wohl eine Hammergeschichte! Also werde ich jetzt erstmal versuchen beides zu machen und dann sehen wir mal weiter. Mit dem Training duerfte das ein wenig viel werden, aber mal schauen. Ich musste das einfach loswerden, denn ich bin nicht zu denen gegangen, sondern ich wurde sozusagen gesichtet (naja, ein bisschen uebertrieben).

Macht’s gut und schreibt mir,

éMAX

-- »Reduce to the éMAX!«

 

23. September 2000

Hallo zusammen!

Bevor ich mit dem Wetterbericht und danach mit der Mail anfange, habe ich eine kleine Mitteilung: So langsam wird mein Leben hier echt aktiv und so leid es mir tut (und das tut es wirklich!), ich hatte in den letzten Tagen ungefaehr keine einzige Sekunde Zeit, den Computer auch nur anzugucken. Deswegen moechte ich um Verzeihung bitten, dass ich nicht vorher gemeldet habe, dafuer wird die Mail heute um so inhaltsreicher! Eins noch: Noch letzte Woche habe ich Mails bekommen, in denen ich gefragt wurde, ob ich noch etwas anderes mache als mailen. Nur zur Erinnerung!

Also das Wetter ist inzwischen ziemlich herbstlich und geregnet hat es auch.

So, doch jetzt will ich mal mit der Geschichte anfangen: Ich glaube, ich habe mich das letzte Mal gemeldet mit der Nachricht, dass ich zum Footballtraining eingeladen wurde... ja, so war’s. Also, an dem Tag hatte ich die letzte Stunde frei bekommen, da wir schon frueh los mussten, zu unserem ersten Soccerspiel. Das fand in Châteauguay statt, was eine halbe Stunde Fahrt dauern sollte. Wir sind mit der Maedchenmannschaft dahin gefahren und es war wirklich lustig und coole Stimmung. Die Maedchen spielten zuerst und wir haben natuerlich zugeguckt und was soll ich sagen? Die Maedchen sind wirklich gut ... im Fussball! ;-) Nein, ehrlich! Ich glaube, dass die keine grossen Probleme haetten, eine durchschnittlich trainierte Maedchenmannschaft aus Deutschland zu schlagen. Sie haben dann auch 5-0 gewonnen. Verdient.

Geregnet hat es zwischendurch auch und ich habe mich schon super auf den schoenen nassen Rasenplatz (Asche existiert hier nicht!) gefreut. Bei der Trikotwahl war mir dann die Nummer ehrlich gesagt ziemlich egal, deswegen habe ich einfach in die Kiste gegriffen. Jetzt ratet mal, welche Nummer ich gezogen habe? Na? Die »5«! ;-) Mein Trainer (Belgier) sagte nur, dass ich aufpassen sollte, weil das die Nummer von Franz Beckenbauer gewesen ist. Ach ja, unsere Trikots sind rot, denn wir sind die »Diables rouges« aus Valleyfield. Ist ziemlich cool, wenn dann vor dem Spiel unser Schlachtruf losgeht. Ist auf jeden Fall ein Erlebnis. Regeln muss ich ja nicht erklaeren, allerdings darf man hier so oft auswechseln wie man will. Stammplatz hatte ich dann natuerlich auch nicht. Ist aber nicht schlimm, da sehr oft durchgewechselt wird.

Meine Position war also, als ich dann spielte, ... aehm, mich verlassen gerade meine Fussballkenntnisse (falls ich jemals welche gehabt hatte), hier heisst das »chien« (Hund). Ich spiele zwischen Abwehr und Mittelfeld. Manndecker oder Vorstopper, kommt das hin? Das Spiel lief und Châteauguay war der Meister des letzten Jahres. Aber, wir haben 4-0 gewonnen und das verdient. Ich war allerdings nicht wirklich mit meiner Leistung zufrieden. Aber so ist das halt.

Sonst habe ich an dem Tag noch das Mathe-Examen wieder bekommen: 75%, mehr als ich erwartet hatte. Oral presentation in Englisch wurden dann 100% und die Kanadier konnten nur staunen ueber mein Englisch.

Nach dem Spiel waren wir noch bei McDonald’s. Habe ich schon von der wirklichen Nationalspeise Québecs erzaehlt? Es nennt sich »poutine« und es lohnt sich das mal gegessen zu haben. Das sind Pommer mit Kaese und einer bestimmten Sosse und ich finde das supercool. Ich werde Euch das mal in Deutschland probieren lassen.

Wir waren dann um 21.10 Uhr an der Schule und ich war um 21.30 Uhr zu Hause und hatte noch kein bisschen Hausaufgaben gemacht. Das tat ich dann und fiel ins Bett.

Wenn mir jetzt einer sagen kann, wann ich die Gelegenheit hatte zu mailen, schreibe ich jeden Tag. Gestern war es nicht anders.

Ich habe jetzt in der Caféteria einen festen Tisch, weil ich mich mit den Leuten an dem Tisch ganz gut verstehe und die ganze Pause mit denen geredet habe. Mal schauen, vielleicht werden wir morgen Paintball spielen gehen. Yeah!

Dann ging es wieder los zum Spiel. Das war in La Prairie, was noch weiter ist (1 Stunde). In La Prairie gibt es glaube ich nur Fussball. Da waren auf jeden Fall fuenf Rasenplaetze, alle nur auf Fussball ausgelegt, nebeneinander. Und La Prairie war ein wenig staerker als Châteauguay. Die ueberheblichen Idioten haben vorher uebersetzt gesagt: Valleyfield, das sind doch nur Bauern! Den Spruch kannte ich schon irgendwoher. (Ist ja nur Werne!) Das Resultat war das gleiche. Wir haben superhart gekaempft und das Spiel war auch ziemlich hart und diesmal habe ich wirklich gut gespielt. Ergebnis wurde dann 3-1, obwohl der Schiedsrichter uns ziemlich verpfiffen hat. Aber gewonnen ist gewonnen. Danach waren wir wieder bei McDo. Zu Hause war ich um 22.00 Uhr.

Heute morgen sind wir um 9 Uhr zur Shopping-Tour Richtung Montréal aufgebrochen. Und falls jemand von Euch Stadtplaner werden sollte, ein Tipp: Eine Stadt auf einer Insel zu bauen, ist ja ganz schoen, aber die verstopfte Péripherique von Paris ist ein Scheissdreck gegen die Bruecken von Montréal. Nur Baustellen und Staus. Wenn man einmal auf der Insel ist, geht es wieder, aber davor ueberhaupt nicht. In Montréal habe ich dann ein wenig das Vieux-Montréal gesehen. Ausserdem waren wir noch im Quartier italien, wo ich mich zwischen unzaehligen Ferrarifahnen richtig heimisch fuehlte. Nach der Tour sind wir dann noch durch ein paar Einkaufszentren geheizt, die in den anglophonen Regionen Montréals lagen. Ich bin echt erstaunt, wie viele englisch sprechende Menschen es unter dieser erdrueckenden Last der franzoesischfoerdernden Gesetze aushalten. Es echt verwunderlich. Ich meine, die Franzoesische Minderheit in Nordamerika wird per Gesetz geschuetzt, aber wer schuetzt die anglophone Minderheit in Québec? Keiner!

Zurueck waren wir dann gegen 18 Uhr. Dann habe ich erstmal die noch liegen gebliebenen Hausaufgaben erledigt und jetzt tippe ich. Ach ja, letzte Woche wurden in New-Brunswick, einer Provinz Kanadas, einige Schiffe konfisziert, weil die Besitzer, Indianer, ohne Lizenz Hummer gefangen haben. Mit den Indianern ist das hier echt so ein Thema. Die muessen weder Steuern noch sonst irgendwas bezahlen, was bedeutet, dass der Schwarzmarkt in der Naehe von den Reservaten blueht. Auf jeden Fall haben wir auf der Fahrt nach Montréal ein paar Indianer gesehen, die sich mit ihrer Fahne, ich glaube, es waren Huronen, auf eine Kreuzung gesetzt haben, um gegen die Konfiszierung der Boote zu protestieren. So was kommt hier wohl haeufiger vor. Ein drastisches Beispiel dafuer ist die Krise von Oka. Doch das waere jetzt zu viel Geschichtsunterricht, fragt mal Eure Geschichtslehrer, wenn Euch das interessiert, die sollten das wissen (ich glaube um 1989, aber wahrscheinlich irre ich mich).

Das war also meine Zeit bis jetzt und ich hatte also wirklich nicht viel Zeit zu schreiben. Montag ist im uebrigen das naechste Soccermatch, diesmal allerdings bei uns. Da Fussball mich so okkupiert (welch Wort!) bin ich noch nicht zum Football spielen gekommen. Ich habe mir vorgenommen, die Prioritaet auf Soccer zu setzen, weil das nur die ersten zwei Wochen so drastisch ist und den Rest der Zeit Football zu spielen. So kann ich beides machen. Anders herum, waere nur Football morglich, weil das wesentlich mehr Zeit erfordert.

Nachdem ich mich anfangs ueber die Beschwerden beschwert habe, muss ich jetzt mal lobend erwaehnen, dass es ein sehr schoenes Gefuehl war, nach so »langer« Zeit, so viele Mails lesen zu koennen. Weiter so, Leute! So, jetzt bin ich aber fertig!

Noch was zum Thema Dortmund-Schalke: HAHA! (Ich habe in Montréal in einem Sportgeschaeft sogar einen Dortmundschal gefunden. Wow!)

Macht’s gut,

éMAX

-- »Reduce to the éMAX!«

 

25. September 2000

Hallo zusammen!

Bevor wieder Beschwerden kommen, werde ich mal wieder mailen. Inzwischen ist es wirklich Herbst und in der Schule ist die Heizung noch nicht in Funktion weswegen man in der 2. Etage nur mit Anorak die Stunden ueberleben kann, aber das schaffen die schon noch mit der Heizung.

Sonntag war ja Formel 1 und ich freue mich, dass Schumi gewonnen hat, leider habe ich den Grand Prix nicht gesehen, denn vorher riefen zwei Kollegen aus der Schule an, die fragten, ob ich nicht vorbeikommen wollte. Da habe ich natuerlich nicht nein gesagt und ich muss sagen, dass das wirklich ein Erlebnis war.

Die Leute waren nicht nur wohlhabend, sie waren reich. Ein Privatwald und ein eigenes Fussballfeld im Garten duerften aussagekraeftig genug sein. Der Vater von Marc-André kauft alte Autos und macht daraus neue oder so. Das habe ich auf jeden Fall so verstanden. Und Marc-André hat deswegen auch schon sein eigenes Auto, mit dem er dann auf dem Grundstueck fahren kann und das ist schon eine coole Sache, wie gesagt, das Grundstueck ist riesig.

Dann haben mich die beiden, der andere heisst Ben, zu einer Partie Paintball eingeladen, da der Wald als Paintballterrain dient. Obwohl ich ja nicht wirklich militaristisch veranlagt bin, wollte ich das dann doch mal ausprobieren und ich muss sagen, dass Paintball wirklich eine lustige Sache ist. Die Kugeln machen zwar manchmal blaue Flecken und zudem steht man wirklich unter Stress, wenn man sich irgendwo im Unterholz verschanzt hat und die Kugeln ueber einen wegfliegen, aber es war eine neue Erfahrung. Ich glaube aber nicht, dass ich das haeufiger machen werde, da es doch ziemlich teuer ist. (100 Kugeln = 10 $) Das erste Mal wurde ich eingeladen, aber das kann ich wirklich nicht jedesmal verlangen. Insofern macht Euch keine Sorgen, dass ich als Militaerfanatiker wieder kommen werde. Ich kann noch gut zwischen Spiel und Realitaet unterscheiden und zum Trost sei gesagt, dass ich dreimal abgetroffen wurde und keinen anderen »getoetet« habe, ist wohl nicht mein Sport.

Sonntag Abend hat Nathalie dann mit meiner Hilfe Koenigsberger Klopse gemacht und die waren wirklich gut und schmeckten wie in Deutschland. Meiner Familie hat das auch gut geschmeckt und ich werde das sicherlich noch einmal zu Essen bekommen. Das war also mein Sonntag.

Heute war nichts wirklich besonderes in der Schule: Physikexamen 84,5%, Englischexamen 103,3% ;-) (Ist ehrlich wahr! Ich hatte alles richtig und zusaetzlich noch einen Bonuspunkt gesammelt. Bin ich nicht toll?) Wir machen in Englisch viel Gruppenarbeit und wegen des Ergebnisses bin ich als Teammitglied ziemlich beliebt.

A propos Team. Die roten Teufel haben heute vor heimischem Publikum (15 Zuschauer) das private Collège aus Châteauguay mit 5-0 deklassiert. Ich habe ganz gut gespielt mit ein bis zwei nicht so schoenen Fehlern, ausserdem spiele ich jetzt auch noch rechtes Mittelfeld, also ein bisschen offensiver, was auch nicht schlecht ist. Zum Football werde ich morgen wieder nicht kommen, da ich morgen wieder Soccer-Training habe. Aber Mittwoch kann ich Football machen und Donnerstag steht dann das naechste Match an.

Das waren also die letzten beiden Tage. Macht’s mal gut,

éMAX

-- »Reduce to the éMAX!«

 

26. September 2000

Hallo zusammen!

Ich bin einfach nur fertig!

Und das kam so: Heute war eigentlich ein ganz normaler Schultag mit anschliessendem Soccertraining, wie erzaehlt. Erste Stunde Franzoesisch: Hausaufgaben in der Stunde fertig. Zweite Stunde Moral: Die ganze Stunde lang mit dem Lehrer unterhalten, was wirklich cool war. So langsam bekomme ich den Eindruck, dass Moral mit dem Unterricht in Praktischer Philosophie vergleichbar ist. Ist auf jeden Fall cool! Keine Hausaufgaben! Dritte Stunde Geschichte: Da wir naechste Stunde wieder einen Test schreiben gab es keine Hausaufgaben.Vierte Stunde Mathe: Lehrer nicht da! JUHU! Doch leider wurde jemand als Ersatz fuer ihn hingesetzt. Und diese Frau macht noch langweiligeren Unterricht als unser Lehrer. Hinzu kommt noch, dass sie noch mehr Hausaufgaben aufgegeben hat als er. Was sie nicht wusste war, dass wir schon den Grossteil der Hausaufgaben schon einmal aufhatten. Also: Kaum Hausaufgaben.

Dann erfuhr ich, dass gar kein Soccertraining stattfindet. Coole Sache! Also konnte ich beim Football mitmischen. Die Jungs da waren echt fasziniert von mir. Das Team hat 9!!! Trainer und das ist nur eine mittelklassige Schulmannschaft! So ist das halt mit Football. Einer der Trainer ist Franzose, mit dem ich mich ganz cool unterhalten habe, da ich ihn wirklich gut verstehe. Aber nun zum wesentlichen Teil: Ich bin als Deutscher schon aufgrund meiner Nationalitaet zum Kicker praedestiniert. Fuer die, die noch weniger von Football wissen als ich: Kicker ist derjenige, der nach einem Touch-Down den Ball durch die beiden Pfosten kickt, oder waehrend des Spiels das gleiche tut. Waehrend des Spiels heisst das allerdings Field Goal und bringt drei Punkte anstatt nur einem. Das habe ich heute schon gelernt. Angefangen haben wir mit meinem Training mit dem Kickoff. Das ist der Schuss zu Beginn eines Spiels. Ziel ist es einfach, den Ball so weit und so hoch wie moeglich in des Gegners Haelfte zu kicken. Ball aufgestellt, Anlauf genommen und gekickt. Der flog hoch und weit und das erste, was ich von der Seite gehoert habe, war: »Wir haben einen neuen Kicker gefunden!« Ich denke, dass das fuer mich spricht.

Dann haben wir noch den Rest des Trainings trainiert. Immer nur gekickt und gekickt. Aus 35 Yard Entfernung und halb linker Position habe ich ungefaehr 70% der Schuesse versenkt, aber ich werde mich noch steigern. Also bin ich jetzt wohl beim Football dabei. Das Training war aber nachher noch so anstrengend, dass ich jetzt eigentlich lieber tot umfallen moechte, als diese Mail zu schreiben. Ich kann meine Arme kaum heben.

Wie auch immer, ich werde aufgrund des hohen Kraftaufwands das Soccerspielen sein lassen, denn das kann ich in Deutschland immer noch tun. Mit Football sieht das nicht so aus. Ich hoffe, dass mein Trainer dafuer Verstaendnis hat, wenn ich jetzt aus dem Team aussteige. Das ist doch das Richtige, oder? Morgen ist schon das naechste Training, yeah!

Macht’s gut,

éMAX

-- »Reduce to the éMAX!«

 

28. September 2000


Hallo zusammen!

Es ist echt schweinekalt geworden! Naja, ein bisschen uebertrieben, aber es ist schon ein Zeichen von mentaler Staerke nur im Pullover rauszugehen.

Gestern war also mein zweites Footballtraining und diesmal habe ich eine Ausruestung bekommen. ;-) Ihr haettet mich sehen sollen! Ich werde mal bei Gelegenheit ein Foto von mir machen lassen. Auf jeden Fall waren mit der Ausruestung meine Wundertaten des Vortags nicht mehr erreichbar. Hinzu kommt noch, dass ich ziemliche grosse Schmerzen in Muskeln hatte, von denen ich nicht einmal wusste, dass sie existieren. Ich war aber dennoch beim direkten Duell einen Tick besser, als der Spieler der bis jetzt immer gekickt hat. Also werde ich Samstag mit zum Spiel fahren und nach den Touchdowns wahrscheinlich kicken duerfen, yes!

Mein Tag heute war wieder nichts besonderes. Ich habe einen Test in Geschichte geschrieben – maessig. In Franzoesisch habe ich eine Arbeit wieder bekommen – 65%, ich bin total zufrieden. Mathe – lassen wir das lieber. Es ist einfach langweilig und unser Lehrer ist eher eine Karikatur eines Lehrers. Hausaufgaben habe ich auch nicht viele auf, aber gleich habe ich ein Soccermatch, worauf ich nicht wirklich Lust habe. Ich hatte diese Woche keinen sportfreien Abend und das schlaucht sag ich Euch. Sonntag wird erstmal auf lau gemacht.

Gruss,

éMAX

-- »Reduce to the éMAX!«

 

29. September 2000

Hallo zusammen!

Heute war es herbstkalt, aber nicht ganz so schlimm. Ganz im Gegensatz zu gestern...

Gestern Abend war also unser Soccermatch und es war schweinekalt. Als ich um 18.15 Uhr Richtung Platz geradelt (eigentlich hasse ich dieses Wort: »radeln«) bin, waren es gerade einmal 6 Grad. Aber was ein harter Fussballspieler ist, spielt auch in kurzen Hosen. Unsere Gegner sollte die staerkste Mannschaft, gegen die wir spielen, sein. Wir haben dann 6-0 gewonnen, allerdings waren die ersten beiden Tore reines Glueck. Danach haben wir angefangen zu spielen und dann auch verdient gewonnen. Vielleicht ein wenig zu hoch, aber verdient.

Wie auch immer. Es war eindeutig zu kalt und ich hatte mich schlecht aufgewaermt und jetzt habe ich es also geschafft, dass ich nach einigen Kicks beim heutigen Footballtraining festgestellt habe, dass ich mich wohl etwas verletzt habe. Ist aber nicht so schlimm, habe nur etwas Probleme ordentlich zu gehen, aber die drei Schritte Anlauf sind immer noch drin. Ich werde mein bestes geben und morgen beim Spiel (ich darf kicken, yeah!) zum Einsatz kommen. Heute beim Training habe ich ausserdem trotz der Verletzung den bisherigen Kicker im direkten Vergleich geschlagen. Bin schon ganz gespannt auf das Spiel morgen.

Heute hatte ich die vierte Stunde frei, da unsere Englischlehrerin nicht da war und hier in der Abschlussklasse kein Unterricht ersetzt wird. Also konnte ich in der Schule bereits alle meine Hausaufgaben erledigen und habe somit das lange Wochenende ueber (Montag ist frei!) keine Verpflichtungen! Ich weiss ja, dass jetzt die Ferien bei Euch begonnen haben.

Ich hoffe, dass ich von den Daheimgebliebenen ein wenig besser mit E-Mails versorgt werde, da einige ja nun einmal fuer die zwei Wochen ausfallen. Ach ja, noch was: Montag 17:00 Uhr deutscher Zeit im Chat von West, wo wir uns schon einmal treffen wollten, WestCentralPark. Diesmal ohne technische Probleme und ohne Verspaetung!

Schoene Ferien,

éMAX

-- »Reduce to the éMAX!«

 

30. September 2000

Hallo zusammen!

Ich glaube, dass man das jetzt Indian Summer nennen muss: 22 Grad. Coole Sache!

Heute war also mein grosser Tag: das erste Football-Spiel. Ich bin also heute morgen zu wochenenduntypischer Zeit aufgestanden und habe mein Hemd und meine Krawatte fuer das Spiel angelegt. Das Team tritt naemlich immer gut gekleidet auf, da wir ja unsere Stadt Valleyfield repraesentieren. Gilles hat mich dann zur Schule gefahren, wo ich meine Equipment geholt habe und dann mit den anderen in den Bus gestiegen bin. Das Spiel war in Ibberville, ich habe immer noch keine Ahnung, wo das war. Auf jeden Fall waren das unsere staerksten Gegner und darueber hinaus ging es um 2000$, die die Schule bei einem Sieg in diesem Spiel bekommt.

Schon allein die Vorbereitung war eine Zeremonie. Mit Musik (Eye of the tiger) und wertvollen Motivationsansagen wurden wir auf das wichtige Spiel vorbereitet. Dann ging es also los, geschlossen wie eine Mannschaft nur sein kann, traten die Valleyfield Broncos aufs Feld. Da ich noch nicht die Regeln kannte, habe ich den Kickoff natuerlich nicht ausgefuehrt. Mit Zugucken war es auch erstmal in Ordnung. Und das Spiel lief gut, wir haben mehrere Touch-Downs markieren koennen und Ibberville war ziemlich hilflos. Im dritten Viertel war dann nach einem erfolgreichen Touch-Down mit anschliessendem Kick meine Stunde geschlagen: Ich (Nummer 11) sollte den Kick-Off ausfuehren. Nervoes rannte ich auf das Feld und alle mitgereisten Fans und die gesamte Mannschaft feuerte mich an. Ich wuerde luegen, wenn ich jetzt schreiben wuerde, dass ich nicht nervoes war.

Ich bruellte also wie einstudiert mein »Ready« und wartete auf das »Go« der anderen. Das kam und von da an habe ich vor Aufregung vergessen wie ich meinen Anlauf begonnen und den Ball dann gekickt habe. Ich weiss nur, dass der Ball, durch leichten Rueckenwind beguenstigt, weit in des Gegners Haelfte flog, auf der 5 Yardlinie auftickte und dann noch bis in die Endzone rollte, bevor jemand den Ball unter Kontrolle bringen konnte. Wir konnten den Spieler dann bei 7 Yard aufhalten, was eine Supersache war. Jeder war zufrieden mit mir und ich auch.

Den naechsten Kick nach dem folgenden Touch-Down durfte ich dann auch ausfuehren. Volle Konzentration auf den Ball, Kommando abwarten, laufen und schiessen. Ging mittig durch die beiden Pfosten, was das Ziel war. Ich war zufrieden, alle anderen auch. Den folgenden Kick-Off habe ich fast so gut wie den ersten getroffen.

Danach stand allerdings der naechste Kick durch die beiden Pfosten an. Kein Problem, dachte ich. Schliesslich hatte ich ja jetzt ein wenig Uebung. Ich machte also alles wie bei den anderen Kicks, doch leider habe ich kurz vor dem eigentlich Kick die gegnerischen Monster gesehen, die als einziges Ziel hatten, mich aufzuhalten und mich zu zermalmen. Das hat mich wohl ein wenig irritiert, denn der Ball flog am linken Pfosten vorbei, was eigentlich unmoeglich ist, da man nur 10 Yard entfernt ist. Zum Glueck war mir niemand boese und am Ende haben wir 61-14 gewonnen. Gutes Ergebnis! Die Regeln kenne ich jetzt auch, mit Ausnahme der Bestrafungen, aber das kommt bestimmt noch.

Ich habe heute auch festgestellt, dass es nur zwei Autoritaeten im Leben eines Kanadiers gibt: Gott und der Schiedsrichter beim Football. Wow, da hat niemand nicht eine Sekunde gemeckert, auch wenn er absoluten Quatsch gemacht hat. Hammer!

Gruss, éMAX

P.S. Bitte mailt mir doch ein kurzes »Ho!«, falls Ihr am Montag in den Chat kommt.

-- »Reduce to the éMAX!«

 

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Stand: 17.10.2000
Artur Weinhold

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